Rocknächte in Weisel gehen in die 42. Auflage – FC Bayern widmet den Rheinländern besonderen Platz im Münchener Stadion
Fußball ist Kultur in Deutschland, doch Kultur ist weitaus mehr als Fußball. Das wussten auch die Gründungsmitglieder des Fan–Club „FC Bayern München e.V. Weisel“ und öffneten ihren Verein vor vielen Jahren durch eine Umbenennung für weitere Mitglieder. Heute pflegt der Klub Kultur in Weisel – seit drei Jahrzehnten.
WEISEL/MÜNCHEN. Die Rocknächte in Weisel sind seit 30 Jahren ein fester Bestandteil im Veranstaltungskalender der Rheinhöhengemeinde. 25 000 Gäste haben in dieser Zeit mehr als 80 Bands gesehen und vor allem gehört. Zwei Dinge sind seit 41 Konzerten unabdingbar: Die Musik kommt nicht vom Band, sondern wird live gespielt, und die Gruppen pflegen akustisch eher, die härtere Gangart einzuschlagen – auch am kommenden Samstag, wenn die 42. Auflage in der Turnhalle über die Bühne geht. Die Rocknächte bestechen durch Beständigkeit, und die hat sich durchgesetzt. Zwischen Weisel Bad Ems, Nastätten und Lahnstein ist die Weiseler Rocknight ein Muss für Teenager, Twens und Junggebliebene.
Organisiert werden die Rocknächte vom Weiseler Fan–Club, der 1980 als „Fan–Club FC Bayern München e.V. Weisel“ gegründet, aber schon nach acht Jahren umbenannt wurde, um auch Mitglieder aufzunehmen, die nicht Bayernfans sind und zu dokumentieren, dass sich der Verein vor allem fürs kulturelle Leben in Weisel einsetzen will.
Fragt man Rainer Knecht oder andere Gründungsmitglieder des Vereins und Rocknacht–Veteranen, sind live und hart aber auch die einzigen Komponenten, die sich im Laufe der musikalischen Jahre nicht verändert haben. Besonders das Ausgeh–Verhalten der heutigen Disco– und Rocknightgänger macht den Veranstaltern zu schaffen. Knecht: „Früher waren die Leute um spätestens 19 Uhr in der Halle, und die Bands haben pünktlich begonnen.“ In jüngeren Jahren dachte er gegen 22.30 Uhr manches Mal, der Abend werde ein Flop, und sah dann um Mitternacht eine brechend volle Halle. „Das macht es schwer für Veranstalter – überall. Die Leute geben weniger Geld aus. Vereine, gerade auf dem Land, finanzieren durch solche Angebote für junge Leute aber teilweise ihren Jahresetat. Wenn die Einnahmen sinken, geht das den Vereinen an die Substanz.“ Von den allseits bekannten „Happy Hours“, also den Stunden am frühen Abend, in denen Alkohol günstiger angeboten wird, um Gäste anzulocken, halten die Weiseler jedoch nichts. Knecht: „Das animiert doch nur zum Trinken.“
Damit Alkohol nicht an zu junge Konzertbesucher ausgeschenkt wird, hat der Fan–Club im vergangenen Jahr zudem ein Bändchensystem eingeführt: Nur wer am Eingang ein grünes erhält, darf jedes Getränk kaufen, wer unter 16 Jahre alt ist, wird mit einem roten Armband gekennzeichnet – ihm darf kein Alkohol ausgeschenkt werden. Ein weiteres Problem seien das sogenannte Vorglühen und das Kofferraum–Trinken. Die Konzertbesucher kommen zum Teil bereits mit einem gewissen Pegel zur Halle, müssen abgewiesen oder von den externen Sicherheitskräften im Auge behalten werden. Ebenfalls außerhalb der Kontrolle des Fan–Clubs sind die diejenigen Gäste, die im Laufe des Abends zum Kofferraum ihres Autos gehen und sich dort aus mitgebrachten Reserven versorgen.
Nicht alle Veränderungen sind jedoch schlecht. Knecht fallen auch gute Dinge ein, besonders wenn er ans Aufräumen an den Morgen nach den Rocknächten denkt. „Wir haben in den Anfangsjahren kein Pfand auf Bierflaschen erhoben und keinen Extraboden in der Turnhalle verlegt. Das Pfandsystem und ein provisorischer Boden ersparen uns aber eine Menge Sauerei.“ Auch die Einführung des Rauchverbots habe geholfen, wenngleich es jetzt nach einem Konzert mitunter stark nach Schweiß riecht.
Rainer Knecht und die Mitbegründer des Fan–Clubs Weisel wollen sich, nicht zuletzt auch aus Altersgründen, langsam aus der vordersten Linie der Organisation der Rocknächte zurückziehen. „Die jungen Leute müssen das in die Hand nehmen.“ Die Gründer des Vereins und ihre Mitstreiter können auf eine lange Liste mit Aktivitäten zurückblicken, die sie in drei Jahrzehnten für sich und vor allem andere Menschen im In– und Ausland organisiert haben. So hat der Fan–Club immer wieder Geld für karikative Zwecke gespendet. Unter anderem übernahm der Club bis 1995 acht Jahre lang die Patenschaft für ein Kind auf den Philippinen, um dessen Ernährung, medizinische Versorgung und Schulbesuch sicherzustellen.
Ferienlager für die Familien der Mitglieder, die Teilnahme am Weiser Karnevalsumzug, Grillfeste, Mehrtagesfahrten, die Ausrichtung und Teilnahme an Sportturnieren oder das Dauer–Doppelkopf–Spielen, mit dem der Verein 1981 sogar einen Weltrekord aufstellte und 1800 Zuschauer anlockte, haben im Gedächtnis der Beteiligten einen festen Platz.
Einen solchen hat der Fan–Club seit kurzer Zeit auch im Stadion des Fußballvereins aus München. Wegen des hohen Engagements seiner Mitglieder wurde der Fan–Club Weisel aufgenommen in die „Hall of Fan“. Nur knapp zwei Dutzend der rund 2500 Fan–Klubs der Bayern sind in dieser Ruhmeshalle aufgeführt. „Bei dieser Auszeichnung kommt es eben nicht auf die Größe des Vereins an, denn wir haben ja ,nur‘ um die 70 Mitglieder. Es kommt darauf an, was der Verein für sich und andere tut“, erklärt Knecht, der wie die anderen natürlich mächtig stolz ist. Markus Wakulat
Zwei der Mitbegründer des Fan–Clubs Weisel in der Allianz–Arena in München: Olaf Kern (links) und Rainer Knecht. Beide freuen sich, dass der Verein es geschafft hat, an einer Wand eines Gastraums im Fußballstadion verewigt worden zu sein. An der „Hall of Fan“ des FC Bayern München stehen nur ausgewählte Fan–Klubs, die nicht nur den Bundesligaverein unterstützen, sondern durch besonderes Engagement, wie zum Beispiel soziale Projekte in ihrer Heimat, auf sich aufmerksam machen. Foto: Markus Wakulat